Digitalisierung von Stadtwerken: Die Energieversorgung der Zukunft ist nicht nur digital – sie ist lokal, vernetzt und kundenzentriert.
Kommunale Stadtwerke stehen heute mehr denn je im Spannungsfeld zwischen regulatorischem Druck, wachsendem Wettbewerb und steigenden Kundenerwartungen. Gleichzeitig bieten sich enorme Chancen, die eigene regionale Stärke digital neu zu interpretieren.
Harald Beck, Co-CEO bei C4 Energy, bringt es auf den Punkt:
„Die Zukunft ist nicht nur digital.“
Was das heißt? Wer Digitalisierung klug einsetzt, kann nicht nur Prozesse optimieren – sondern auch das Vertrauen vor Ort stärken. Hier zeigen wir, wie Stadtwerke diese Potenziale erschließen können.
Veröffentlicht am 21. Mai 2025
1. Von Papier zu Plattform: Digitalisierung von Stadtwerken
Noch vor wenigen Jahren war ein Wechsel zum Stadtwerk ein bürokratischer Kraftakt: Formulare, Ordner, Wartezeiten. Fehleranfällig und aufwendig. Heute wünschen sich Kund:innen einen Service wie bei großen Plattformen – schnell, intuitiv, digital.
Unser Ansatz:
Digitale Kundenportale oder Apps ersetzen heute den klassischen Aktenordner. Rechnungen, Verbrauch, Zählerstände – alles auf einen Blick. Automatisierte Schnittstellen und zentralisierte Plattformen ermöglichen sogar Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden. Durchgängige Digitalisierung reduziert nicht nur den Aufwand, sondern schafft auch Verlässlichkeit und Transparenz – intern wie extern.
Ergebnis: Bis zu 40 % Zeitersparnis bei Prozessen – mit nur wenigen gezielten Digitalisierungsschritten.
2. Kundenerwartungen erfüllen – mit digitalen Services und regionalem Mehrwert
Self-Service-Funktionen, Echtzeit-Abfragen oder Abschlagsänderungen per App sind für viele Kund:innen heute selbstverständlich. Gleichzeitig suchen sie persönliche Nähe, Beratung und Vertrauen – besonders bei Energiefragen.
Das bietet Stadtwerken eine echte Chance:
Digitale Lösungen wie personalisierte Kunden-Apps, automatisierte Kommunikation oder sogar Loyalty-Programme nach dem Vorbild von Payback können digitale Bindung schaffen. Doch der entscheidende Vorteil liegt vor Ort: Bäder, ÖPNV, Parkplatzsysteme – all das lässt sich regional bündeln und digital intelligent verknüpfen.
Tipp vom CEO: „Our business is a local business.“
Nutzen Sie Geschäftsräume im Vertriebsgebiet, laden Sie Menschen ein, schaffen Sie echte Begegnungen – digital UND persönlich.
3. Regulatorik meistern – mit Standards und Weitblick
GEG, BNetzA-Vorgaben, Datenschutz – der regulatorische Druck wächst stetig. Besonders herausfordernd: die Einhaltung von halbjährlichen Regelterminen, etwa zur Umsetzung neuer Vorschriften.
Hier gilt: Proaktiv statt reaktiv handeln.
Mit standardisierter Software und klaren Prozessen können Stadtwerke die regulatorischen Anforderungen regel- und terminkonform umsetzen. Die Integration neuer Systeme, z. B. für Netzdatenanalyse oder dynamische Tarife, wird damit deutlich einfacher.
Beispiel aus der Praxis:
Dynamische Stromtarife, bei denen sich der Strompreis stündlich ändern kann, ermöglichen es Verbraucher:innen, Geräte wie Waschmaschinen dann zu nutzen, wenn Strom besonders günstig ist – etwa nachts.
Das Start-up Tibber zeigt, wie das ohne aufwendige Zählerumbauten möglich ist.
Stadtwerke unterliegen oft strengeren Regulierungen, doch mit den richtigen digitalen Voraussetzungen können auch sie flexible Tarife anbieten und sich damit neue Kundengruppen erschließen.
4. Wettbewerb clever kontern – mit lokaler Stärke und smarter IT
Digitale Anbieter und Start-ups betreten den Markt mit Tempo und Agilität. Stadtwerke müssen sich dieser Dynamik stellen – und sie für sich nutzen.
Das Erfolgsrezept:
Die eigene IT-Strategie als Innovationsmotor denken. Cloud-Lösungen, Datenintelligenz, smarte Tarifsysteme und lokale Mehrwertdienste machen Stadtwerke unverwechselbar – gerade in der Region. Die Kombination aus digitalem Service und echter Kundennähe ist ein Vorteil, den kein Start-up replizieren kann.
„Was uns auszeichnet, ist unsere Nähe zum Kunden. Digitalisierung ist der Hebel, diese Nähe neu zu definieren – nicht zu ersetzen.“
Fazit: Stadtwerke brauchen keine Revolution – sondern klare Impulse
Die Herausforderungen sind real: steigende Anforderungen, wachsender Wettbewerb, neue Kundenerwartungen. Doch ebenso real sind die Chancen.
Wichtig ist nur eins:
Nicht alles auf einmal – aber den ersten Schritt mit Konsequenz.
Mit einer klaren Digitalstrategie, praxiserprobten Tools und der Bereitschaft, neue Wege zu gehen, können Stadtwerke sich zukunftssicher aufstellen. Und dabei ihre wichtigste Stärke bewahren: die Nähe zum Menschen.
Quellenverzeichnis:
- Beck, Harald: Gespräch mit dem CEO und Projektleiter der Stadtwerke Münster und Osnabrück zum Thema Digitalisierung in kommunalen Energieversorgern, geführt im April 2025
- Ernst & Young (EY); Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): Stadtwerkestudie 2024 – Stadtwerke in der Zeitenwende, Februar 2024.
Online verfügbar unter: https://www.ey.com/de_de/stadtwerkestudie - Engels, Barbara; Büchel, Jan; Scheufen, Marc: Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland – Digitalisierungsindex 2024, Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Januar 2024.
Online verfügbar unter: https://www.iwkoeln.de/studien/barbara-engels-jan-buechel-marc-scheufen-digitalisierung-der-wirtschaft-in-deutschland.html - Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): Positionspapier: Dynamische Stromtarife – Chancen und Risiken für Verbraucher:innen, Dezember 2023.
Online verfügbar unter: https://www.vzbv.de/sites/default/files/2023-12/23-12-01_Positionspapier_Dynamische_Tarife.pdf - Deutsche Energie-Agentur (dena): Was sind dynamische Stromtarife?, März 2024.
Online verfügbar unter: https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2024/Was_sind_dynamische_Stromtarife.pdf